Am Samstag, 03.07.2010, heulten die Sirenen mehrfach in den Wachtberger Ortschaften. Hierbei handelte es sich zunächst zwischen 11:00 und 11:30 Uhr um den monatlichen Probealarm der Freiwilligen Feuerwehr Wachtberg.
Kurz nach 12 Uhr wurde es wieder laut, aber auch hier handelte es sich um die neuerdings vierteljährlich stattfindende Sirenenprobe in den Kommunen des Regierungsbezirkes Köln.
Kurz darauf verdunkelte sich der Himmel das erste Mal und es fielen die ersten Regentropfen. Diese Vorboten endeten jedoch bereits nach wenigen Minuten und wahrscheinlich niemand in unserer Gemeinde rechnete mit dem, was da noch kommen sollte.
Als es dann kurz vor 14 Uhr erneut stürmisch wurde und sich der Himmel stark verdunkelte, setzte der erste Starkregen mit Hagel ein.
So kam es um 14:10 Uhr zu einer ersten Alarmierung der Feuerwehr Wachtberg in die Ortschaft Werthhoven. Hier sollte ein Keller unter Wasser stehen. Da zu diesem recht frühen Zeitpunkt noch niemand die weiteren Folgen des nicht endenden Regens absehen konnte, wurde zunächst lediglich die Löschgruppe Berkum alarmiert.
Zwischenzeitlich vervielfachten sich die eingehenden Notrufe auf der Feuer- und Rettungsleitstelle des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg und man entschied sich seitens der Wachtberger Wehrführung gegen 15:00 Uhr für eine Vollalarmierung der Freiwilligen Feuerwehr Wachtberg.
Aufgrund der Vielzahl der Einsatzstellen wurde die Funkzentrale im Feuerwehrgerätehaus in Berkum besetzt und in Betrieb genommen. Somit hatte die Einsatzleitstelle in Siegburg einen „festen“ Ansprechpartner für die Einsatzlage in der Gemeinde Wachtberg. Im weiteren Verlauf wurde jeder eingehende Notruf in Siegburg entgegengenommen, in den Einsatzleitrechner eingegeben und anschließend per Fax in das Feuerwehrhaus Berkum gesandt. Auf Grund dieser Organisationsstruktur war es der Feuerwehr Wachtberg möglich einen „eigenen“ Funkkanal zu belegen und hier eine eigenständige Einsatzvergabe und -abarbeitung durchzuführen.
Der Einsatzschwerpunkt lag zu diesem Zeitpunkt noch im Bereich der Ortschaft Werthhoven und man zog hier eine Vielzahl an Einsatzkräften zusammen, um den Bewohnern zeitnah Hilfe leisten zu können. Nachdem die Gräben und Bachläufe die Wassermassen aufnahmen und in die talwärts gelegenen Dörfer führten, stiegen auch die Notrufe aus den Ortschaften Oberbachem und Niederbachem. In beiden Ortschaften waren die Straßenzüge, welche sich in unmittelbarer Umgebung des Mehlemer Baches befanden am stärksten betroffen.
Auf Grund der Brisanz der eingehenden Notrufe wurden Einheiten der Feuerwehr Wachtberg unmittelbar nach Niederbachem verlegt, um sich auch hier ein Bild von der Situation vor Ort machen zu können. Hierbei wurde ein Schadensausmaß angetroffen, welches einem nur aus den Medien bekannt sein dürfte.
Ein Bach, der normalerweise nur einen Wasserstand von ein paar Dezimetern hat, schwillt auf einen Pegel zwischen drei und vier Metern an, besitzt nun eine reißende Strömung und tritt über die Ufer. Brücken werden überspült und teilweise weggerissen. Straßenränder werden weggespült, darunter liegende Wasser- und Gasleitungen liegen frei. Darüber geparkte Pkw liegen seitlich auf den Leitungen. Container, Pkw und Carports werden von den Wassermassen mitgerissen. Flüssiggastanks lösen sich aus ihren Befestigungen und werden ebenfalls abgetrieben. Wohnhäuser, Wohnungen, Keller, Garagen und weitere Gebäude laufen voll und sind für längere Zeit unbewohnbar bzw. nicht nutzbar.
Auf Grund der Wassermassen ist es zu diesem Zeitpunkt selbst den Rettungskräften nur bedingt möglich Hilfe zu leisten, zu groß wäre die Gefahr für die eingesetzten Kräfte. In ihre Wohnungen eingeschlossene Bewohner werden durch Kräfte der Feuerwehr aus ihren Wohnungen gerettet. Ein waghalsiger Passant, welcher trotz des enormen Hochwassers eine, etwa einen Meter überspülte, Brücke überqueren musste, wurde durch Feuerwehrleute aus dem Wasser gezogen.
Auf Grund der katastrophenähnlichen Zustände entscheidet sich die Wehrführung der Feuerwehr Wachtberg zur Anforderung von überörtlichen Feuerwehreinheiten.
Daraufhin werden durch die Leitstelle des Rhein-Sieg-Kreises Einheiten der Feuerwehren Meckenheim und Rheinbach alarmiert und in Marsch gesetzt. Nachdem diese Kameraden ihren Sammelpunkt am Gerätehaus Berkum erreicht hatten, fanden eine kurze Lageeinweisung und sofort anschließend die ersten Einsatzvergaben statt.
Da sich bereits zu diesem, noch recht frühen, Einsatzzeitpunkt eine sehr lange Einsatzdauer prognostizieren ließ, wurden Einheiten zur Versorgung und Verpflegung der Einsatzkräfte alarmiert. Dies wurde durch ehrenamtliche Helfer des Malteser Hilfsdienstes durchgeführt. Diese Einsatzkräfte sorgten für eine Zubereitung von warmen/kalten Speisen und Getränken und richteten die Fahrzeughalle des Gerätehauses Berkum kurzer Hand als Speisesaal ein.
In Zusammenarbeit mit Beamten der Polizei Bonn wurden in Niederbachem etwa 100 Personen, wegen der losgerissenen Flüssiggastanks und einer damit verbundenen möglichen Gefährdung, aus ihren Häusern evakuiert. Zur Bergung eines Pkw, welcher durch die Fluten mitgerissen wurde und nun im Bachbett liegend gesichert werden konnte, wurde auch die Berufsfeuerwehr Bonn zur überörtlichen Hilfeleistung mit ihrem Kranwagen angefordert.
Ortsansässige Tiefbauunternehmer stellten schnell und unbürokratisch ihre Fuhrparks zur Verfügung, damit Treibgut, was den Ablauf des Wasser behinderte unmittelbar aus dem Bachbett entfernt werden konnte.
Insgesamt waren etwa 220 ehrenamtliche Helfer bis etwa 03:30 Uhr am frühen Sonntag Morgen im Einsatz gebunden. Zeitweise wurde die Wachtberger Wehrführung durch den Kreisbrandmeister des Rhein-Sieg-Kreises, Herr Walter Jonas, sowie einen seiner beiden Stellvertreter, Herr Hans-Georg Gennrich, unterstützt.
Anschließend erfolgte noch ein provisorisches Herstellen der weiteren Einsatzbereitschaft, damit im Falle weiterer Notfälle eine schnelle Hilfe gewährleistet gewesen wäre.
Dass sich die meisten der eingesetzten Kräfte auf einen gemütlichen „Fußballnachmittag“ gefreut hatten, muss hier nicht näher erwähnt werden.
Die Einsatzanzahl befindet sich in dem Bereich von 200 – 250 Einsatzstellen. Eine genauere Eingrenzung kann hier nicht mehr stattfinden, da einige Einsatzstellen mehrfach gemeldet wurden oder sich bereits vor dem Eintreffen der Feuerwehr erledigt hatten.
Auch der Sonntag stand wieder im Zeichen des schweren Unwetters. Auch an diesem Tage rückten verschiedene Einheiten der Feuerwehr Wachtberg erneut aus, um vollgelaufene Keller leer zu pumpen oder umgestürzte Bäume zu beseitigen.
Und auch am Montag mussten Kameraden der Feuerwehr Wachtberg sich mit den Folgen des Samstags beschäftigen. In einem Neubaugebiet in der Ortschaft Niederbachem befindet sich eine größere Fläche auf der in den vergangenen Tagen archäologische Funde entdeckt wurden. Innerhalb dieses Gebietes ist durch den extremen Niederschlag eine größere Wasseransammlung entstanden. Bewohner der tieferliegenden Bebaubung befürchteten ein „Brechen“ der Erdaufschüttungen und eine damit verbundene Überflutung ihrer Grundstücke. Hier wurden über die Dauer von etwa drei Stunden mehrere hundert Kubikmeter Wasser abgepumpt und in die Kanalisation eingeleitet.
Im Anschluss mussten noch zahlreiche verschmutzte Schläuche an den Wachtberger Feuerwehrhäusern eingesammelt und in die Schlauchpflegerei nach Siegburg gefahren werden.
Abschließend und rückblickend kann gesagt werden, dass es sich um einen der längsten, personalintensivsten und folgenschwersten Einsätze der Feuerwehr Wachtberg in den letzten Jahrzehnten gehandelt haben dürfte.
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Unwetter in Wachtberg |